Als ich vor einigen Jahren am Weg vom hintersten Flachauwinkl in Salzburg auf das Graihorn in den Radstädter Tauern bei der verfallenen Hütte der Oberen Gasthofalm vorbeikam, stach mir sofort eine auffällige, bizarr-zerklüftete Felsgestalt ins Auge, die sich über mehrere Felstürme von Norden nach Süden zog: Das Hochbirg über dem Nordportal des Tauerntunnels.

Aber da kein markierter Wanderweg auf diesen abweisend wirkenden Felsklotz verzeichnet war und damals – in den Anfängen meiner Wanderleidenschaft – meine physischen und vor allem psychischen Kletterfähigkeiten noch gehörig zu wünschen übrig ließen, verlor ich diese markante Berggestalt wieder aus den Augen.

Denn wie wohl die meisten anderen Wanderer auch, lockten auch mich zunächst die wesentlich bekannteren und namhafteren Gipfel in diesem Wandergebiet an der Tauernautobahn A10, nördlich des Tunnels.

Allen voran natürlich das Große Mosermandl (2.680), welches ich damals von Süd nach Nord überschritt, sowie der Faulkogel (2.654).

Aber auch die Ennskraxen und die Steinfeldspitze haben – wenngleich mit etwas Abstand – noch immer größeren Bekanntheitsgrad unter Bergwanderern als das Hochbirg oder gar der Tischbühel, den man eher nur beiläufig überschreitet.

Ähnlich verhält es sich mit der Rettenwand – immerhin stolze 2.364 Meter hoch. Der kann man zwar aus Richtung Süden, von der Muhreralm, eine gewisse Mächtigkeit nicht absprechen, im Vergleich zur benachbarten, wesentlich dominanteren Permuthwand nimmt sie sich aber doch eher mikrig aus.

Ebenso unauffällig stellt sich der Geißkopf dar, dem ich am Rückweg nahe der verfallenen Oberen Gasthofalm einen Besuch abstatte.

Mit diesen Aufzählungen habe ich nun das Wandergebiet, welches ich heute (13.10.2010) bewandert habe, einmal grob umschrieben.

Das Tourengebiet

Bundesland: Salzburg
Tourenregion: Flachauwinkl / Tauerntunnel-Nordportal
Wandergemeinde: Flachau
Ausgangspunkt: Gasthofalm
Gebirgsgruppe: Radstädter Tauern

Das Tourengebiet über dem Tauerntunnel-Nordportal

Das Tourengebiet über dem Tauerntunnel-Nordportal

Der Routenverlauf

Flachauwinkl / Gasthofalm – Abendweideweg – Tischbühel – Rettenwand – Frauenkar – Hochbirg – Geißkopf – Obere Gasthofalm – Gasthofalm

Der Routenverlauf über Tischbühel - Rettenwand - Hochbirg und Geißkopf im Uhrzeigersinn

Der Routenverlauf über Tischbühel - Rettenwand - Hochbirg und Geißkopf im Uhrzeigersinn

Landkartenausschnitte © BEV 2009, Vervielfältigt mit Genehmigung des BEV © Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien, T2009/52304

Die Tourenbeschreibung

Der Ausgangspunkt unter dem mächtigen Brückenpfeiler der nördlichen Einfahrt in den Tauerntunnel war ja schon in früheren Jahren, als die Gasthofalm (ca. 1.200) noch in Betrieb war, nicht sonderlich einladend.

Seit ein Schotterbergwerk in diesem Gebiet mittlerweile häßliche Ausmaße angenommen hat, ist man eigentlich nur noch bestrebt, so schnell als möglich Höhenmeter zu machen, und die Distanz zwischen sich und dem unansehnlichen Lärm- und Staubpegel möglichst rasch zu vergrößern.

Zwar klingen die Auswüchse des Bergwerkes sowie des Verkehrs auf der Tauernautobahn noch eine Weile nach, aber im Grund sind sämtliche Anstiege von der Gasthofalm dazu angetan, das zuvor genannte Ziel – rasch Höhenmeter zurückzulegen – schnell zu verwirklichen.

Heute habe ich mich für eine mir bislang noch nicht bekannte, aber wirklich sehr empfehlenswerte Aufstiegsroute entschieden. Über den mit Schwierigkeit ROT bewerteten Abendweideweg erreicht man auf einer Höhe von fast 2.000 Meter den nördlichen Plateaurand.

Das in den Karten verzeichnete Seelein fand ich allerdings nur als ausgetrocknete Schlammfläche vor.

In den Karten ein kleines Seelein - vor Ort eine ausgetrocknete Lacke

In den Karten ein kleines Seelein - vor Ort eine ausgetrocknete Lacke

Der zunehmend scharfe Wind legt hier noch einmal an Heftigkeit und vor allem auch an Eisigkeit zu. Ich benötige sämtliche Kleidungsreserven, auf meine Handschuhe habe ich leichtsinnigerweise aber vergessen.

Auch der anfänglich blaue Himmel wird jetzt von einer dünnen Wolkenschicht bedeckt, was ebenfalls nicht unbedingt zur Erwärmung beiträgt.

Über braune Grashügel steige ich nun zunächst ein Stück ostwärts höher, ehe ich mich in einem weiten Nord-Süd-Bogen dem Tischbühel nähere. Allenthalben treffe ich auf Steigansätze, richtig schwierig wird das Gelände hier aber ohnehin nie. Am Gipfel angekommen wollte ich jetzt eigentlich auf Grund des eisigen Windes gleich hinüber zum Hochbirg.

Hügellandschaft zwischen Tischbühel und Mosermandl

Hügellandschaft zwischen Tischbühel und Mosermandl

Irgendwie zieht es mich dann aber doch weiter südwärts – der Rettenwand entgegen. Und hier wird das Gelände auch anspruchsvoller. Der Boden ist steinhart gefroren und auf den steilen Schotterfeldern finde ich kaum richtig Halt. In diesem Gebiet ist die Route – zumindest bei den heutigen Bedingungen – mit Schwierigkeit SCHWARZ zu bewerten.

Dass es auch wesentlich einfacher gehen könnte, merke ich dort, wo die leicht ausgesetzten Schotterhänge von der Sonne bestrahlt werden. Hier macht es später beim Abstieg richtig Spaß, hinab zu laufen.

Doch soweit bin ich noch nicht. Ein Versuch die Rettenwand über die Westseite anzugehen ist nicht von Erfolg gekrönt. Also nördlich – steil – umschreiten und von der Ostseite versuchen. An reifüberzogenen Erdflanken komme ich einige Male fast ins Rutschen. Trittsicherheit und Konzentration ist erforderlich, denn stellenweise fällt das Gelände steil über einen Felsabbruch hinunter.

Endlich führt ein steiler, schottriger Kamin nach oben. An den brüchigen Begrenzungsfelsen finde ich Halt und bald darauf stehe ich am höchsten Punkt der Rettenwand.

Zunehmend anspruchsvolles Gelände bei der Rettenwand (links)

Zunehmend anspruchsvolles Gelände bei der Rettenwand (links)

Auch das Wetter hat sich jetzt gebessert. Die Wolken öffnen sich und lassen das Blau des Himmel nun wesentlich besser zur Geltung kommen.

Nach dem Abstieg vom Felsaufbau der Rettenwand wende ich mich recht gelassen und entspannt, da die schwierigsten Stellen hinter mir wissend, nun Richtung Westen.

Am Ostrand des Frauenkars lasse ich mich an windgeschützter Stelle zu einer Jause nieder. Die Sonne wärmt angenehm, den Winter-Anorak lege ich aber dennoch nicht ab. Ebensowenig wie die 2 Stirnbänder: Eines winddicht, das andere aus Fleece – wohlig-warm.

Vom Frauenkar finde ich mit Unterstützung meines GPS-Gerätes Garmin GPSMAP 60CSx bald wieder zum Abendweideweg zurück, den ich zuhause auf einer digitalen Landkarte am Notebook aufgezeichnet und überspielt hatte.

Der Steig ist in meiner Freytag&Bernd-Karte WK202 „Radstädter Tauern – Katschberg – Lungau“ zwar nicht eingezeichnet, vor Ort wird aber an strategischen Stellen durch die nun überall üblichen gelben Wandertafeln auf ihn hingewiesen und gelegentlich findet man auch eine blau-weiße Markierung.

Die Ostflanke des Hochbirg. Links der Südgrat.

Die Ostflanke des Hochbirg. Links der Südgrat.

Kurz geht es nun bergauf und bald darauf stehe ich am Südende des Hochbirg. Links – aus Richtung Westen – sehe ich keine Anstiegsmöglichkeit. Rechts – aus Richtung Osten – schaut es nicht schlecht aus, ich entscheide mich im Anstieg aber für eine leichte Kletterpassage über den Südgrat hinauf zum von Süden nach Norden ziehenden, meist einige Meter breiten Felsgrat. Im Grunde ist meine Klettereinlage aber eine Fleißaufgabe, wie sich wenig später beim Abstieg über die zwar steile, aber annehmbar begehbare Ostflanke herausstellen sollte.

Am Grat gelange ich unschwierig zum Südgipfel, der mit 2.319 Meter den höchsten Punkt des Hochbirg-Stockes markiert.

Da es mittlerweile wieder vollends zugezogen hat (also nichts mit der für heute so phantastischen Wetterprognose), mache ich mich bald wieder auf den Weg.

Zunächst über die Ostseite hinab zu 2 in den Karten nicht verzeichneten Seen, dann südwärts um den Berg herum, wo ich bald auf den markierten Wanderweg zum Mosermandl treffe. Entlang der Westseite des Hochbirg wandere ich hinab zu einer kleinen Jagdhütte.

Etwas später trifft mein Weg mit jenem zum Graihorn zusammen und kurz darauf steige ich wenige Höhenmeter, teilweise durch dichtere Latschengassen, hinauf auf den Geißkopf, der herrliche Ausblicke westlich hinunter zu den Marbachalmen erlaubt.

Am Weiterweg nordostwärts erkenne ich die verfallene Hütte bei der Oberen Gasthofalm und eine kleine, neue Jagdhütte.

Das Gelände wird nun steiler, das Steiglein schlängelt sich aber geschickt und unschwierig, zunächst durch gelb gefärbten Lärchenwald, später duch Hochwald, an einigen Lawinenverbauungen vorbei, hinab zu einer schmalen Forststraße, die bis fast 1.500 Höhenmeter in den Steilwald heraufzieht.

Auf ihr gelange ich im Laufschritt wieder zurück ins unansehnliche lärm- und staubgeplagte Bergwerksgelände und zur Gasthofalm.

Zusammenfassung:

Wem könnte ich dieses heutige Tour empfehlen?

Im Prinzip jedem, der einsame Gebirgshochflächen liebt, und nicht unbedingt für den Stammtisch einen klangvollen Gipfelnamen vorweisen muß.

Bisherige Wandertouren in Flachauwinkl bzw. bei der  Gasthofalm

Weitere Wanderungen auf Nachbargipfel im Norden

Weitere Wanderungen auf Nachbargipfel über das Riedingtal im Süden

Weitere Informationen zur Tour

Tourenstatistik im Tourenbuch
Alle Tourenfotos im Tourenalbum

Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian

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Ein Kommentar on Wandertour Rettenwand – Hochbirg

  1. […] wie bei meiner vorletzten Wanderung über Tischbühel, Rettenwand und Hochbirg startete ich auch heute wieder in Flachauwinkl in der Nähe des Nordportals der Tauernautobahn. […]

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