Meine heutige (29.06.2010) Wandertour führt mich in den südlichen Zipfel der Eisenerzer Alpen, die wiederum den südlichen Abschluß der Gebirgsgruppe der Ennstaler Alpen bilden, die sich von oberösterreichischem Landesgebiet über die Haller Mauern und die Gesäuseberge bis Leoben ziehen. 

Anfahrt über Enns-, Palten- und Liesingtal in die zur Gemeinde Gai zählende Ortschaft Schardorf, wo meine Wanderung bei der „letzten Parkmöglichkeit für Reitinggeher“ ihren Ausgang nimmt. 

Dass die letzte Parkmöglichkeit nicht unbedingt die allerletzte Parkmöglichkeit bedeuten muß, wird mir 1 Kilometer, 100 Höhenmeter und 20 Minuten später knapp oberhalb des Bauernhofes Zeller bewußt, als ich auf einen weiteren Wanderer-Parkplatz treffe. Und die in eine Kassa zu entrichtende Parkgebühr von 1 Euro hätte ich auch noch verkraften können. 

Irgendwie werde ich an das schändliche Urteil mit der unwürdigen Wortklauberei erinnert, die „Familie Zogaij habe Österreich unverzüglich zu verlassen“, was im Wortsinne der Fekter-Mitzi aber nicht unbedingt sofort heißen muß. 

Der Wegweiser schlägt die Wanderzeit durch den Bechlgraben auf das Gößeck mit 3 1/2 Stunden vor. 

An einem umzäunten Quellschutzgebiet vorbei geht es auf gutem Steiglein in den Wald hinauf. Bald treffe ich auf einen fotografierenden Viel-Wanderer und in angenehmer Plauderei machen wir rasch Höhenmeter, bis wir die Baumgrenze hinter uns lassen. 

Aufstieg im malerischen Bechlgraben

Aufstieg im malerischen Bechlgraben

Am oberen Ende einer etwas steileren, schottrigen Passage verlasse ich den Temporär-Mitwanderer sowie den markierten Wanderweg und wähle stattdessen eine Routenvariante, die ich am Vortag im Internet entdeckt habe und die bei Trittsicherheit als sehr lohnenswert beschrieben wurde. 

Aufstieg auf den Südostrücken zwischen Geierkogel und Gößeck

Aufstieg auf den Südostrücken zwischen Geierkogel und Gößeck

Zunächst nordostwärts auf den Grasrücken, der vom Geierkogel Richtung Nordwesten zieht. Auf diesem gelangt man direkt und ohne nennenswerte Schwierigkeiten – belohnt mit großartiger Aussicht – direkt zum Gipfelkreuz am Gößeck

Zahlreiche Gämse lassen sich durch mich nicht sonderlich aus der Ruhe bringen, legen aber Wert auf einen gewissen Respektabstand. Herrliche Blumen in allen möglichen schillernden Farben. Lediglich der schneidige Wind läßt mich nicht länger am Gipfelplateau verweilen, auf dem kurz nach mir nach und nach mehrere Wanderer eintreffen. 

Am nördlichen Rande des steilen Felsabbruches geht´s nun wieder bergab. Ehe ich auf das Wildfeld gelange, statte ich einem kleinen Gedenkkreuz an einen jungen Bergsteiger, der mit erst 14 Jahren ums Leben kam, einen Besuch ab. 

Dann strebe ich meinem nächsten Gipfel – dem Grieskogel – zu. Mehr als dieser steinmandlgeschmückte Gipfel lockt mich aber etwas anderes, was ich bereits aus der Ferne gut erkennen konnte und worüber ich im Vorfeld schon einiges gelesen hatte: Eine prächtige Steinbock-Gruppe hat sich dort oben angesiedelt. 

Majestätische und gar nicht scheue Steinböcke

Majestätische und gar nicht scheue Steinböcke

Prächtige, edle, stolze, erhabene, majestätische Tiere. Die kleineren und jüngeren – wie schon bei meinem letzten Steinbock-Kontakt im Hagengebirge im letzten Sommer – etwas scheuer, aufstehend, platzmachend. 

Die größeren höchstens einen kurzen Blick werfend, unter Umständen etwas schnaubend, um dem Wanderer den Wunsch nach mehr Distanz klar zu machen. 

Nachdem ich Dutzende „Bilder im Kasten“ habe, respektiere ich dieses Anliegen und mache mich auf den Weiterweg zu meinem nächsten Gipfel, der nicht lange auf sich warten läßt: Die Kahlwandspitze, etwas weiter südlich gelegen, und mit 2.090 Meter Höhe noch immer ein Zweitausender. 

Hier gibt´s erstmal eine Jause. Der vormittägliche Wind hat sich mittlerweile gelegt und angenehmen Wandertemperaturen Platz gemacht. Der Tag ist noch jung – oder zumindest noch nicht allzu alt – also beschließe ich, am breiten  beblumten Grasrücken noch weiter gen Süden zu schreiten. 

Blick zurück zur Kahlwandspitze

Blick zurück zur Kahlwandspitze

Zu meiner großen Freude an einer weiteren Steinbock-Gruppe vorbei, deren ältere Mitglieder mich mit den langen, spitzen Hörnern an Krampusse erinnerten. 

Dem Klauen entgegen, hatte ich doch irgendwie in Erinnerung auf diesem Grashügel auf einem Internet-Bild ein Gipfelkreuz gesehen zu haben. Heute war es jedenfalls nicht gegenwärtig. 

Auch der Ursprung dieses Gipfel-Namens (ich hoffe zumindest stark, dass der Klauen als eigenständiger Gifpel durchgeht) ist mir nicht bekannt.  Gilt er als Sitz der Götter der Diebe oder wurde er zur Erinnerung an wuchernde Zehennägel so benannt ? 

Egal – zunächst am gleichen Weg wieder zurück bis zu jenem Wegweiser, der mit „Kaisertal – Seiz 3 h“ und Schwierigkeit SCHWARZ beschrieben wird. Einen richtigen Weg darf man sich da aber nicht erwarten. Immer wieder verliert sich das unscheinbare erdige Steiglein im hohen, blumenreichen Grase. 

Steil geht es hinunter. So steil, dass man einige Male wieder bis zur letzten der spartanisch angebrachten Markierungen zurückkehrt, in der Meinung, hier könne doch kein Weg gehen. Ging er doch. 

Steiler Abstieg hinab ins Kaisertal

Steiler Abstieg hinab ins Kaisertal

Wie gesagt, steil bis sehr steil. Aber nicht furchteinflößend. Wie schon nicht wenige Wanderungen zuvor. 

Wie beim Klauen war mir auch im Kaisertal die Herkunft des Namens nicht ganz klar. Das Wort „Kaiser“ konnte sich hier höchstens auf die besonders dicht, groß und hinterhältig wachsenden Brennesseln beziehen. 

Die letzten 5 bis 10 Meter kurz vor Erreichen eines Forstweges ging es direkt durch diesen Brennesselgürtel durch. 

Anfänglich höllisches Brennen auf den Beinen. Bald wandelde sich dieses in ein Gefühl „eingeschlafener“ und gerade wieder erwachender, „wurlender“ Füße. Später hatte ich permanent das Gefühl als würden kühle Wassertropfen auf meine Waden spritzen – bei absolut trockenem Boden. 

Als ich mich einem hermetisch abgeriegelten Waldstück – umgeben von hohen, an ein Hochsicherheitsgefängnis erinnerenden Zäunen – näherte und im Umfeld eines Hauses von „Privatbesitz“ und „Zutritt verboten“ zu lesen war, wußte ich, was es geschlagen hatte. 

Über die Tafel „Landschaftsschutzgebiet“ mußte ich allerdings schmunzeln  – angesichts des auf besagtem abgeschirmten Privatbesitz langsam vor sich hinrostenden, grasumwachsenen Lieferwagens. 

Für den Rückweg zum Auto mußte ich ob solcher Feudalherrenpräpotenz wohl oder übel einen weiten Umweg in Kauf nehmen. 

An frisch „abrasierten“ und sommerlich duftenden Wiesen, an Getreidefeldern sowie an den Ortschaften Dirnsdorf und Glarsdorf vorbei, gelangte ich bei brütender Hitze in einer laaaaaannngeeeen 7-Kilometer-Schleife wieder zurück zum Ausgangspunkt. 

Fazit 

Trotz des nicht unbedingt empfehlenswerten Abstieges durch das Kaisertal (wie gesagt: nicht außerordentlich schwierig, aber stellenweise ganz schön mühsam und lästig) sowie trotz des langen Straßenhatschers zurück zum Auto eine äußerst erlebnisreiche und schöne Wanderung, die vor allem von den vielfältigen Natureindrücken – allen voran die Steinböcke und die Blumenwelt – sowie den prächtigen Ausblicken lebt. 

Blumenreiche Natureindrücke

Blumenreiche Natureindrücke

Das Tourengebiet:

Bundesland: Steiermark
Tourenregion: Eisenerzer Alpen
Wandergemeinde: Gai
Ausgangspunkt: Schardorf – Letzte Parkmöglichkeit für Reitinggeher
Gebirgsgruppe: Ennstaler Alpen 

Das Tourengebiet in den südlichen Eisenerzer Alpen

Das Tourengebiet in den südlichen Eisenerzer Alpen

Landkartenausschnitte © BEV 2009, Vervielfältigt mit Genehmigung des BEV © Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien, T2009/52304  

Der Routenverlauf: 

Gai / Schardorf – Gehöft Zeller – Bechlgraben – Südostrücken (Richtung Geierkogel) – Gößeck – Wildfeld – Grieskogel – Kahlwandspitze – Klauen – Zurück zur Weggabelung Richtung Seiz – Kaisertal – Dirnsdorf – Glarsdorf – Schardorf 

Weitere Wandertouren mit Steinbock-Bezug: 

Weitere Informationen zur Wandertour: 

Tourenstatistik im Tourenbuch 
Alle Tourenfotos im Tourenalbum 

Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian

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2 Kommentare on Wandertour Reitingstock-Überschreitung: Steinbock-Schaun am Gößeck

  1. […] Steinbock-Schaun am Gößeck (Ennstaler Alpen am 29.06.2010) […]

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