Bei den Anfragen um Kaufempfehlungen für Schneeschuhe, die ich immer wieder erhalte, wird mir auch regelmäßig die Frage gestellt, ob es denn wirklich das allerteuerste Modell sein müsse (bekanntlich ist ja der MSR Lightning Ascent – mein bevorzugtes Allrounder-Modell – mit knapp 300 Euro Kaufpreis auch einer oder sogar der teuerste Schneeschuh, der derzeit am Massenmarkt erhältlich ist).
Und ebenso regelmäßig antworte ich auf diese Frage mit der wenig hilfreichen Aussage “Ja und Nein bzw. Jein“ und ich stelle gleichzeitig diverse Gegenfragen über den geplanten Einsatzbereich.
Auf der anderen Seite stelle ich mir selbst bei den vielen Tests meiner Schneeschuh-Modelle auch jedes Mal die Frage – unabhängig von den Marketingaussagen und Zielgruppenvorstellungen der Hersteller – wofür könnte genau dieses Modell am besten geeignet sein. In welchem Gelände, bei welchem Schnee, für welche Wanderer-Zielgruppe könnte genau dieses bestimmte Schneeschuh-Exemplar die “ulitmative” Wahl sein.
Und – zugegeben – manches Mal frage ich mich auch, ob der Designer wirklich jemals Schnee aus eigener Erfahrung kennengelernt hat oder ihn nur von hübschen Hochglanzprospekten und Erzählungen kennt. So habe ich in meiner Sammlung auch zumindest ein Schneeschuh-Modell, welches ich guten Gewissens niemanden empfehlen könnte, weil es sowohl von der Leistung als auch vom Preis eigentlich nur bessere Alternativen gibt.
Bei einem zweiten Modell, welches ich ursprünglich auch in diese “Außenseiter-Schublade” stecken wollte, bin ich derzeit noch am Überlegen und im Zuge dieser Testbewertungen bin ich zum Schluß gekommen, dass eine Einteilung der Schneeschuhe in Alpin-Spezialisten und Allrounder-Modelle, wie ich sie beispielsweise bei meinen Schneeschuh-Toplisten vorgenommen habe, eigentlich nicht ganz ausreichend ist.
Deshalb möchte ich künftig auch die “Wald- und Wiesen-Modelle” verstärkt in meinen Schneeschuh-Testberichten berücksichtigen und in eine separate Rangliste einbeziehen.
Wodurch soll sich nun diese neue Schneeschuh-Kategorie auszeichnen und für wen soll sie gedacht sein?
Wie der Name schon sagt – und in Abgrenzung zu den beiden vorgenannten Kategoriegruppen – liegt der Haupteinsatzbereich dieser Schneeschuhmodelle im Wald- und Wiesengelände:
- Also eher in Talllagen
- Kürzere Touren mit maximal 2 bis 3 Stunden Gehzeit
- in nicht allzu steilen Wäldern
- Almgebiete mit einfacheren Zugangswegen
- wo der Naturgenuß bei weitem wichtiger ist, als der sportliche Anreiz (was aber bei Schneeschuhwanderern ohnehin meist der Fall ist)
- und in Summe meist nicht mehr als 5 bis 10 Touren pro Jahr unternommen werden
- kein bis kaum Steilgelände
- meist auch geringere Schneemengen bzw. eher Kontakt mit Steinen und/oder Wurzeln bzw. Dickicht knapp unterhalb der Schneeoberfläche
Für solche Touren eignen sich natürlich auch kostengünstigere Produkte bzw. wären die Ausstattungsmerkmale der Top-Modelle der Allrounder- und noch viel mehr der Alpin-Klasse nicht nur überdimensioniert, sondern vielfach auch gänzlich ungeeignet.
Mit den Alpin-Spezialisten Tubbs Flex Alp oder MSR Denali Evo Ascent mit ihren ausgeprägten Harschkrallen bei geringer Schneeauflage durch den Wald zu pirschen, schadet nicht nur dem Schneeschuh selbst, sondern auch dem Wanderer (man bleibt hängen und kann stürzen, das Gehör wird beim Drüberkratzen und -schleifen über Steine und Felsen empfindlich belastet) und der Natur (Verletzen von Wurzeln, Latschen und anderen Pflanzen). Auch wenn Sie – so wie ich in letzter Zeit häufiger – mit Hunden spazieren gehen, werden es diese – so sie gerne dicht neben Ihnen laufen – zu schätzen wissen, wenn ihnen keine scharfen Kanten zu nahe kommen.
Selbst mit dem Allrounder-Spitzenreiter MSR Lightning Ascent mit seinem durchgängigen Zackenrahmen macht das keinen richtigen Spaß (damit ist es mir u.a. auch schon gelungen mehrere robuste Gamaschenpaare zu zerfetzen).
Auch robuste Haltbarkeit und absolute Zuverlässigkeit für stundenlange Wanderungen weit abseits jeglicher Zivilisation oder gar tagelange Schneeschuh-Expeditionen wird von diesen Wald- und Wiesenmodellen nicht unbedingt gefordert werden müssen.
Für die eher bescheidenen Ansprüche in den zuvor aufgezählten Einsatzbereichen möchte ich vor allem folgende 3 Hauptanforderungen als relevant hervorheben:
- Einfache Bedienbarkeit
- Günstiger Preis
- Keine ausgeprägten Eisenkrallen
Unter diesen Gesichtspunkten habe ich jetzt einmal folgende Top-Modelle gekürt:
- Tubbs Venture (ein Austauschmodell für meinen Tubbs Nordic, den ich bereits nach 3 Touren zu Schrott gegangen bin)
- Atlas 1225 (weil ich ihn als Auslaufmodell zum Sonderpreis von 150 Euro erhalten habe – ansonsten wäre er für ein Wald- und Wiesenmodell mit über 200 Euro definitiv schon zu teuer) (dieses Modell liefert aber auch gute Werte als Allrounder und im Alpin-Einsatz)
Nun, welche Schneeschuhe aus meiner großen Kollektion bleiben jetzt über, für die ich adhoc keinen vernünftigen Kaufgrund wüßte?
Der Tubbs Moutaineer ist zwar kein schlechtes Modell. Aber für den Spitzenpreis von fast 300 Euro sehe ich aber doch einige empfehlenswertere oder zumindest gleichwertige und dann bei weitem kostengünstigere Modelle.
Der TSL 325 Explore Easy – für den ich eigentlich diese neue Schneeschuhkategorie als “Hilfsmaßnahme” eingeführt habe – hat mich mittlerweile aber in einigen Bereichen so geärgert und enttäuscht, dass ich mich mit ihm gar nicht mehr intensiver auseinandersetzen möchte.
Die Dämpfung beim Gehen ist eines der wenigen positiven Dinge, die ich über dieses Schneeschuhmodell schreiben kann. Die Bindung allerdings empfinde ich als krasse Fehlkonstruktion (einmal ist sie mir sogar schon im Tiefschnee aufgegangen, die Veränderung der Bindungsgröße unterwegs mit klammen Fingern kann sich rasch zum “Horrorszenario” entwickeln), das Anstollen unter der Bindungsplatte führt zu Verkrampfungen und ist ein Graus.
Zusammen mit dem GV824 zählt er zu den Enttäuschungen meiner Schneeschuhsammlung.
Zurück zu den Wald- und Wiesenmodellen und meine persönlichen Wünsche an diese: Kein Plastik und gutes Gehgefühl bei durchschnittlichen Schneeverhältnissen.
Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian