Um es gleich vorweg zu nehmen, um eine typische Wanderung handelt es sich bei der Tour auf das Kasereck nicht mehr.

Ich habe mich zwar bemüht, bereits vorab nützliche Informationen über die beste Route und den tatsächlich zu erwartenden Schwierigkeitsgrad einzuholen, aber selbst im Zeitalter des umfassenden Internet-Wissens gab es nur spärliche Daten zu dieser Bergtour.

Das erste Mal bewußt ins Auge gesprungen war mir das Kasereck bei meinem Gipfelbesuch auf dem Hochgolling.

Das Kasereck vom Norden vom Hochgolling gesehen

Und seitdem hielt ich bei jeder Wanderung Ausschau nach diesem markanten, unverkennbaren und so abweisend wirkenden, spitzen Gipfel.

Immer wieder holte ich Erkundigungen bei bereits erfolgreichen Besteigern ein, natürlich kannte ich auch die Wegbeschreibung im Alpenvereinsführer. Nachdem ich dort aber auch schon einige Schwierigkeitsbewertungen gerade auch in den Lungauer Gratübergängen gelesen hatte, die nicht nur ich persönlich nicht nachvollziehen konnte, wollte ich mich bei einem Aufstieg auf das Kasereck keinem Risiko aussetzen.

Irgendwie hatte ich das Kasereck im Laufe der Zeit als für mich realistisches Gipfelziel wieder aus den Augen verloren.

Wieder etwas eingehender beschäftigte ich mit mit dem Kasereck anläßlich meines Besuches auf dem Roteck, in ca. 6 Kilometer Luftlinie Entfernung, und nur um 2 Meter höher, aber abermals erschien mir dieser eindrucksvolle, und in alle Richtungen als spitze Pyramide erscheinende Gipfel als unerreichbar.

Kasereck (links) aus Richtung Osten von der Golzhöhe

Nachdem ich heuer im Zuge meiner Besteigung aller Wandergipfel in den Schladminger Tauern (und viele fehlen wirklich nicht mehr ;-) ) auch wiederholt in den äußerst reizvollen und besuchenswerten Lungau anreiste, um dort die Höhenzüge um Hocheck und Kreuzhöhe kennen zu lernen, hatte ich unmittelbare Einblicke aus nächster Nähe von Westen und Süden.

Das Kasereck vom Westen (Anstiegsroute) vom Hocheck gesehen

Besonders bei der Bergtour auf die Kreuzhöhe kam ich dem Kasereck näher als je zuvor und es war auch diese Tour bei ich ich mir endgültig dachte, das Kasereck in die Rubrik der nicht erreichbaren Gipfel einordnen zu können, wohl wissend, dass man das aus der Ferne nie sagen kann, sondern die Begehbarkeit immer erst vor Ort beurteilen sollte.

Das Kasereck von der Südseite (von der Kreuzhöhe gesehen)

Im obigen Foto habe ich meine Aufstiegsroute (links) zum Westgrat sowie meine Abstiegsroute (rechts) eingezeichnet, wobei der rechte Weg (durch das obere Kühkar) auf jeden Fall empfehlenswerter ist.

Ausschlaggebend für meinen Meinungswechsel war schließlich ein Wanderer-Paar, welches ich kürzlich am Hochfeind getroffen hatte. Mit ihren Erzählungen von ihren eigenen erfolgreichen Kasereck-Besteigungen, der äußerst lohnenswerten und einfachen Kletterei und der Schwierigkeitsbeurteilung, dass der Berg eigentlich ganz leicht sei, machten sie mir den Mund wässrig.

So weit zur Vorgeschichte. Die Aussage, dass das Kasereck ein leichter Berg ist, würde ich so allerdings nie und nimmer unterschreiben.

Auch wenn geübte Kletterer darüber lächeln mögen, für Durchschnittswanderer ist und bleibt das Kasereck ein schwieriger Berg und eine große Herausforderung, nach meiner eigenen Beurteilung der schwierigste Wanderberg mit Gipfelkreuz in den Schladminger Tauern, der unbedingt absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordert.

Und auch Kletterstellen im Schwierigkeitsgrad I-II (auch im Abstieg !) sollten keine unüberwindbare Hürde darstellen.

Weiters darf auch die Gipfel-Höhe nicht unterschätzt werden, schließlich ist das Kasereck nach Hochgolling (2.862), Hochwildstelle (2.747) und Roteck (2.742) mit einer Höhe von 2.740 Metern der vierthöchste Gipfel der Schladminger Tauern.

Dass er sich diesen 4. Platz ausgerechnet mit dem Preber (weitere Wanderung am 28.06.2008) teilen muß, ein Berg der unterschiedlicher und gegensätzlicher nicht sein könnte (sehr einfacher, monotoner Wiesenzustieg, ein Modeberg mit hohen Besucherzahlen) mag zwar für das Kasereck nicht gerade glücklich sein, eine Schmach ist es keinesfalls.

Schließlich kann man auch im Alpenvereinsführer “Niedere Tauern” von Peter Holl lesen: Eine der kühnsten Berggestalten der Schladminger Tauern.

Eine Bezeichnung, die man nicht treffender wählen könnte und die infolgedessen auch in allen Beschreibungen über das Kasereck vorkommt.

Allerdings – das trifft auch auf viele andere große und dominante Berge zu – nimmt man beim direkten Aufstieg zum Gipfel des Kasereck die bei Wanderungen in der Nachbarschaft sonst immer unübersehbare und markante Form und diese kühne Gestalt nicht wirklich wahr.

Am ehesten spürt man die eindrucksvolle Steilheit noch im Bereich des Piendlsees, welcher vom Kasereck um ca. 700 Höhenmeter überragt wird.

Blick über den Piendlsee zum Kasereck

Nach erfolgreicher Besteigung und gesunder Rückkehr geht aber vielleicht ein klitzekleines Stück dieser Kühnheit auf den Wanderer über ;-)

Nach dieser ausführlichen Behandlung der Berg-Informationen möchte ich jetzt zur konkreten Tourenbeschreibung kommen, wobei der vollständige Bildbericht – wie immer – dem Tourenalbum vorbehalten bleibt.

Eine große Bergfahrt verlangt einen frühen Start und damit verbunden ein sehr zeitiges Aufstehen um halb Vier Uhr morgens. Nach dem Frühstück ging es zur Anfahrt über das Obere Ennstal nach Obertauern und weiter über Tamsweg in die Gemeinde Göriach im Salzburger Lungau.

Über Hintergöriach fahre ich auf der zunehmend schmaleren Straße am bereits bekannten Parkplatz für die Wandertour auf Gensgitsch und Leßhöhe vorbei, bis sich der Zufahrtsweg in eine schottrige Almstraße wandelt (diese sollte mein Auto ziemlich ordentlich einstauben – so waren wenigstens die Dellen des letzten Hagelschlages nicht mehr sichtbar).

Im Bereich der Unteren Piendlalm weist bei einem größeren Parkplatz ein mit “Piendlsee 1 1/2 Stunden” beschrifteter Wegweiser nach rechts in den Wald hinein. Nach Übersteigung eines Stacheldrahtes über ein wackeliges Holzgstell kommt man wenig später an einem alten (weißen) Alpenvereinsschild “Piendlsee – Kasereck 2.740″ vorbei. Der Steig ist nur im unteren Abschnitt stellenweise verwachsen, weiter oben wandelt er sich in einen überraschend breiten, angenehm begehbaren Waldsteig.

Durch das steile Gelände macht man rasch Höhenmeter und erreicht oberhalb der Waldgrenze die Hütten der lieblich gelegenen Oberen Piendlalm, deren Brunnen mir beim Abstieg in der Nachmittagshitze erfrischendes Bergwasser spendete.

Noch einmal 100 Höhenmeter und man erreicht auf der nächsten Terassenstufe den Piendlsee.

Bis hierher und noch ein gutes Stück auf dem deutlich sichtbaren Steig ins Kühkar kann die Wanderung uneingeschränkt jedem Naturfreund empfohlen werden.

Wenn es dann allerdings in Richtung des steilen Westgrates geht, sollte man sich unbedingt bewußt machen, dass man hier auch wieder absteigen muß. Das Gelände – noch läßt sich alles ohne Klettereinlagen begehen – wird ab dem Kühkar in Richtung Furtriegel steil, erdig, schottrig und damit recht rutschig. Überdies sind einige Stellen ausgesetzt, bei Abrutschen würde man über steile Felswände abgleiten. Auch der geübte, trittsichere und schwindelfreie Bergwanderer wird seinen Schritt hier konzentriert setzen müssen.

Meinen Anstiegsweg werde ich detaillierter im Tourenalbum beschreiben, hier möchte ich nur näher auf den einzig empfehlenswerten Anstieg zur Westgratkante eingehen (mein Abstiegsweg). Dieser führt bis in den hintersten Winkel des Kühkars und wendet sich dann – durch viele Steinmandln gekennzeichnet – nach links an den Südwänden des Kasereck entlang in einer schottrigen Erdrinne bergwärts.

Weiter oben schlängelt sich das bei Trockenheit gut begehbare Steiglein über ausgesetzte Wiesenhänge unter leicht überhängenden Felsen auf der rechten Seite bis zu einem deutlichen Schartenübergang hoch.

Hier wechselt man auf die andere Gratseite und trifft bald auf weitere Stoamandln und immer wieder auf leicht verblichene rote Punktmarkierungen.

Folgt man nun diesen Markierungspunkten in die Westschlucht hinein, hat man auf den folgenden 200 bis 250 Höhenmetern leichtes Klettergelände vor sich (Schwierigkeit nach Alpenvereinsführer: I – Schwierigkeit nach meiner persönlichen Einstufung etwas höher bei I-II). Die Stöcke kann man hier auf jeden Fall beseite legen.

Beim Aufstieg habe ich aber eine andere Route gewählt, in dem ich beim unteren Ansatz der Westschlucht nach links über eine schrofige Rippe hinauf gestiegen bin. Auf der anderen Seite habe ich eine zwar steile, aber breite und durchwegs begehbare Grasrinne mit viel Erde, Schotter und Geröll vorgefunden. Über diese konnte ich fast ganz bis zum Gipfel ohne nennenswerte Kletterei mit den Tourenstöcken hinaufgehen – gelegentlich vermeinte ich auch ein Stoamandl erkannt zu haben, die Aufschichtung könnte aber auch zufällig zustande gekommen sein.

Lediglich im obersten Abschnitt wurde die Route jetzt anspruchsvoller. Am Nordgrat geht es über auffällig mit feuchtem Moos überzogene und damit etwas rutschige, teilweise brüchige Felsstufen kletternderweise bis zum Gipfel (etwa 10 bis maximal 20 Höhenmeter).

Nahm vor allem auf den letzten 200 Höhenmetern der Wind an Stärke und Kälte unangehm zu, war es jetzt beim enorm aussichtsreichen Gipfelkreuz herrlich mild und warm und zudem windstill.

Etwas später kam ein weiterer Wanderer nach, mit dem sich ein intessantes Gespräch entfaltete.

Uneinig waren wir uns allerdings über das, was wir unterwegs am Weg gesehen hatten bzw. über die Kletterlänge des Aufstieges. So war dem Bergkameraden weder die erdige Steilrinne mit extremer Steinschlaggefahr ein Begriff, über die ich in Unkenntnis des empfehlenswerteren Weges aufgestiegen war, noch konnte er mit mir über die unerwartete Kürze der Kletterstellen übereinstimmen.

Andererseits erzählte mir er etwas von Schneefeldern, die er gequert hatte, von den roten Markierungen sowie von einer Absperrung in der Westschlucht über überhängende Wände hinunter – alles Punkte, die mich an meinem Sehsinn, aber auch an meinem Verstand zweifeln ließen.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich die Aufstiegszeit dieses offensichtlich sehr sportlichen Bergsteigers, der mit knapp 3 Stunden wirklich sehr schnell am Gipfel war (die Gehzeit ist im Alpenvereinsführer mit 4 bis 5 Stunden angegeben).

Nach einer für mich eher unüblichen, ausgedehnten Pause von beinahe 2,5 Stunden (wie lange davon auf mein entspannendes Mittagsschläfchen entfiel, kann ich nicht mehr sagen – eventuell müßte ich die Pulsuhr auswerten) klärte sich beim Aufbruch meiner Gipfelbekanntschaft der Grund für unsere so unterschiedlichen Toureneindrücke.

Denn er stieg jetzt ganz woanders ab, als ich gekommen war. Nun wollte aber auch ich wissen, was mir beim Aufstieg entgangen war, und auch ich wählte nun die von ihm vorgegebene Route durch die sich zunehmend verengende Schlucht.

Und siehe da – tatsächlich gar nicht so wenige rote Punkte gaben den Weg vor, gelegentlich auch ein Steinmandl. Das war sie also, die Markierung, von der ich schon gehört und gelesen, die ich aber beim Aufstieg vermißt hatte.

Aber so richtig einfach war dieser Abstieg nicht, ganz im Gegenteil. Mit Gehen war hier nicht mehr viel. Konzentriert hieß es nun in den Fels zu greifen. Da mir der beste Weg auch vom Aufstieg nicht geläufig war, mußte ich mich immer wieder umdrehen, um gute Stufen unter mir zu finden und “den Weg zu lesen”. Einmal besser auf die rechte Seite der Schlucht, dann wieder auf die linke, und einmal mittendurch.

Weiter unten kam ich jetzt auch an der Absperrung vorbei, von der mir mein Gipfelkamerad erzählt hatte. Früher, so wußte er zu berichten, seien hier immer wieder Wanderer versehentlich abgestiegen (ein schönes Steiglein führt ja hin) um dann in den überhängenden Felsen nicht mehr weiter zu kommen.

Schließlich traf ich am unteren Schluchtende wieder auf meinen Zustiegssteig (die benötigte Zeit möchte ich hier besser nicht wiedergeben).

Bei der Einschartung im Westgrat, an der man auf die andere Seite wechselt, entscheide ich mich nun wieder für eine neue Wegvariante. Während ich über den Grat von Südwesten herauf gekommen bin, werde ich jetzt über den mit einigen großen Steinmandln markierten und zuvor bereits beschriebenen Weg über die Wiese und die Rinne ins Kühkar absteigen.

Und siehe da, das nächste Rätsel ward gelöst: Über einige Schneefelder folgte ich den Abrutschspuren meines Vorgängers und am guten, einfachen Steig gelangte ich zurück zum Piendlsee.

Nach ausgiebiger Tränke am Brunnen bei der Oberen Piendlalm steige ich wieder talwärts.

Während ich am frühen Morgen auf dem Waldsteig im unteren Abschnitt wegen der Nähe zu einem Bach etwas gefroren hatte (immerhin zeigte das Thermometer auch nur bescheidene +4°C) versprühte die leichte Gischt jetzt am heißen Nachmittag eine angenehme Erfrischung.

Das in der Früh noch feuchte Gras kitzelte jetzt an den Bergsteigerbeinen.

Abschließend möchte ich Euch jetzt noch einige Landkartenausschnitte des Tourengebietes zeigen:

Salzburger Lungau (gelb) in Österreich

Die Lage des Tourengebietes nördlich von Tamsweg

Mein Routenverlauf: Hintergöriach / Untere Piendlalm – Obere Piendlalm – Piendlsee – Kühkar – Furtriegel – Westschlucht – Kasereck – Über Wegvarianten wieder zurück

Punktiert erkennt man meine Aufstiegsroute, dort wo sie vom Abstiegsweg (durchgänige Linie) abweicht.

Mein Routenverlauf über den Piendlsee auf das Kasereck

Landkartenausschnitte © BEV 2009, Vervielfältigt mit Genehmigung des BEV © Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien, T2009/52304

Alle Tourenfotos gibt es im Tourenalbum, die Statistikdaten sind im Tourenbuch zu finden.

Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian

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