Eine meiner absoluten Lieblingsgeschichten
Heute möchte ich eine meiner absoluten Lieblingsgeschichten vorstellen, und zwar handelt es sich dabei um die „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ von Heinrich Böll.
Zum ersten Mal bin ich mit dieser Kurzgeschichte in meiner Schulzeit vor über 30 Jahren in Berührung gekommen und ich kann mich noch gut erinnern, wie fasziniert ich damals von dieser Erzählung war.
Und im Grunde hat mich dieses Thema nie mehr losgelassen.
Zwar hatte ich immer wieder einmal kurzzeitige Anwandlungen des Touristen in der Geschichte auch bei mir bemerkt (das verbuche ich heute aber unter „Jungendsünden“ ;-)) im Grund aber bedarf es für ein zufriedenes, erfülltes Leben nur der einfachen Lebenseinstellung des Fischers.
Die Kurzgeschichte im vollen Original-Wortlaut findet Ihr sicherlich zuhauf im Internet, ich möchte Sie deshalb nicht wortwörtlich wiederholen, zumal ich auch nicht weiß, ob dies aus urheberrechtlichen Gründen überhaupt erlaubt wäre.
Was ich aber möchte, ist Euch eine kurze Zusammenfassung inklusive meiner persönlichen Sichtweise zu präsentieren.
Am Hafen
Die Geschichte handelt von einem ärmlich gekleideten Fischer, der am Hafen in seinem Boot schläft, während ein elegant angezogener Tourist die idyllische Stille durch ständiges Fotografieren stört, und den Fischer dadurch weckt.
Der Tourist versucht, den schläfrigen, ob der Störung anfangs etwas gereizten und wortkargen Einheimischen in ein Gespräch zu zu verwickeln.
Das Gespräch
Der Tourist meint, bei dem günstigen Wetter werde der Fischer heute wohl noch einen guten Fang machen.
Dieser entgegnet aber nur, er war heute schon am Meer, die Ausbeute war gut und deshalb werde er kein weiteres Mal mehr raus fahren.
Der Urlauber versucht voller Mitleid für den ärmlichen Einheimischen, die Gründe für dessen geschäftsuntüchtiges Verhalten zu ermitteln und vermutet eine Erkrankung.
Der Fischer erklärt aber dem zusehends mit Unverständnis reagierenden Touristen, dass er sich prächtig fühle und es ihm nie besser gegangen wäre.
Nun galoppierte die Phantasie mit dem ob dieser Einstellung fast unglücklichen Touristen aber vollends durch, und ganz der erfolgreiche Geschäftsmann, versuchte er dem Fischer seine Visionen eines glücklichen Lebens zu erklären.
Die Vision
Der Fischer, solle sich doch vorstellen – so der Tourist – er würde nicht nur einmal am Tag raus fahren, sondern mehrmals einen so guten Fang haben, und das an jedem günstigen Tag im Jahr. Er könnte sich dann ein weiteres oder ein größeres Boot leisten und später noch mehr. Der Tourist hat nun in seiner geschäftstüchtigen (oder geldgierigen?) Begeisterung endgültig abgehoben und ergeht sich in seinen Visionen (bei einem Zeichentrickfilm würde man bei ihm jetzt wohl Dollar- bzw. Euro-Zeichen in den Augen sehen).
Denn in seiner Vorstellung könnte der Fischer dann weiter expandieren, Kühlhäuser, Fabriken und Restaurants eröffnen und seinen Angestellten Anweisungen per Funk erteilen, während er seine Besitzungen mit dem Hubschrauber überfliegt.
Der Urlauber kommt in seiner Aufregung kaum mehr mit dem Atmen nach, so großartig stellt er sich das Imperium vor. Der Fischer, der ihm die ganze Zeit aufmerksam zuhörte, möchte ihn fast trösten und beruhigen, und fragt: „Und was dann?“
Was dann
Einige der letzten Zeilen der Anekdote möchte ich nun wörtlich wiedergeben:
“Dann”, sagt der Fremde mit stiller Begeisterung, “dann könnten Sie
beruhigt hier im Hafen sitzen, in der Sonne dösen – und auf das herrliche Meer blicken.”
“Aber das tu ich ja schon jetzt”, sagt der Fischer.
Daraufhin zog der Urlauber nachdenklich davon, vom anfänglichen Mitleid mit dem ärmlich gekleideten Einheimischen war nichts mehr geblieben, nur noch ein wenig Neid.
Selbst mehr als 45 Jahre nach ihrer Entstehung hat diese Erzählung – gerade auch angesichts der aktuellen, von gewissenlosen und geldgierigen Finanzbossen verursachten Wirtschaftskrise – nichts von Ihrer Aktualität verloren.
Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian
[…] da geht es mir wie dem Fischer in meiner Lieblingsgeschichte, viel mehr brauche ich nicht, um glücklich zu sein, denn das Wandern – meine weitere Leidenschaft […]