Zwar zählt der Hirzberg im Dachsteingebirge seit meinen 2 Wanderbesuchen im Herbst 2018 nun auch zu meinen „Triathlon-Gipfeln“ (Wandern, Schneeschuhe, Skitour), aber im Großen und Ganzen ist dieser entlegene Berg, der sich über das bewaldete und zerklüftete Plateau des Kemetgebirges zwischen dem Gröbmingerland und dem Salzkammergut erhebt, doch eher ein Wintergipfel.
Aber dann doch auch wieder kein typischer Schigipfel mit geradlinigem Anstieg und rauschender Abfahrtsroute, sondern vielmehr ein Winterwanderziel, welches zum meditativen Umher- und Ausschweifen einlädt. Eingebettet in eine phantasieanregende Landschaft und umgeben von einigen entlegenen Almen.
Nachdem ich die ersten Wochen im Jänner 2019 dem Schneeschaufeln widmete (bis die Unterarme brannten) und bei Lawinenwarnstufe 5 auch der Zugang durch die enge Felsenschlucht der Öfen zwischen Kammspitz und Stoderzinken gesperrt war, dauerte es heuer bis zum 24. Jänner, ehe ich zum ersten Mal von der Lend in Gröbming-Winkl aufbrechen konnte.
Landkartenausschnitte © BEV 2009, Vervielfältigt mit Genehmigung des BEV © Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien, T2009/52304
Tour 1: Vom Stoderzinken auf den Hirzberg
Eigentlich war mein Tourenziel am 24.01.2019 der Stoderzinken. Über die Rotwandschlag-Route stieg ich bei leichtem Schneefall zur Stoderalm. Über die Brünnerhütte folgte ich in einem Bogen der stillgelegten Schipiste und erreichte den Gipfel mit dem etwas unterhalb des höchsten Punktes stehenden Gipfelkreuz über die einfache Westseite. Eigentlich wollte ich gleich wieder entlang der Anstiegsroute abfahren, ein Eintrag im Gipfelbuch weckte aber meine Neugier.

Riesige Eiszapfen über der Öfen-Straße werden wenige Wochen später zu einem Betretungsverbot führen.
Bruderherz Bergfex Heli hat sich vor 2 Tagen mit dem Hinweis „Hirzberg – Stoder“ verewigt. Welche Route mag er wohl genommen haben. Kurzer Anruf – er war gerade am Rückweg von einer Skitour am Großen Knallstein. Seine verlockenden Worte, er hätte eine Super-Spur bei der Abfahrt vom Hirzberg zwischen Hochtischl und Tumerach erwischt, die er so auch noch nicht gekannt hatte, brachten mich zum Entschluss, dieser Route umgekehrt zu folgen.
Lawinengefahr war heute kein Thema mehr, eine traumhaft leichte Pulverauflage auf gut gesetztem Altschnee machte das Spuren zum reinsten Vergnügen. Zunächst aber erwartete mich ohnehin eine kurze Abfahrt vom Stoderzinken Richtung Steinerhaus. Anfellen für den kurzen Aufstieg zur Lärchberg-Bergstation. Danach folgte ich der Schimarkierung bzw. den Schispuren des Bruders, die unter einer dünnen Neuschneedecke noch deutlich sichtbar waren.

Bei der Stoderalm. Die Hütte vorne ist kaum auszumachen. Hinten oberhalb der Bildmitte die Brünnerhütte.
Über die Hochwiesmahd geht es mit kurzen Gegensteigungen zur Großen Wiesmahd, wo abermals die Felle anzulegen sind. Bis zum Vorjahr, als das Stoderzinken-Schigebiet noch in Betrieb war, war hier häufig eine Aufstiegsspur über das Tumerach zu finden, da sich nach der Auffahrt mit dem Bus und der folgenden Abfahrt bis zur Gr. Wiesmahd der Hirzberg-Anstieg mit 500 Höhenmetern relativ einfach bewältigen ließ.
Heuer aber war diese Anstiegsroute abgesehen von den einsamen Abfahrtsspuren vom Bergfex Heli unverspurt. Diese Abfahrtsspuren vereinfachten natürlich meine Orientierung. Nördlich vom Hochtischl traf ich dann auf die Standardroute auf den Hirzberg. Auch hier herrlich lockerer Pulverschnee, der ohne größeren Windeinfluß gefallen war. Und auch heute blieb ich beim Gipfelkreuz am Hirzberg vom sonst eher obligatorischen Wind verschont. Allerdings war es ziemlich frostig, aber genau diese Kälte sorgt ja für den traumhaften lockeren Pulverschnee.
Die Abfahrt erfolgte entlang der Standardroute hinunter zur Brandalm. Selbst die mitunter etwas heikle Felsstufe war heuer durch die großen Schneemassen bestens zu befahren. Und auch die folgende steile Waldabfahrt bzw. der dichtere Wald oberhalb der Alm war das reinste Vergnügen.
Ab der Brandalm erfolgt die weitere Abfahrt entlang der Forststraße hinunter zur Rahnstube und durch die Öfen zurück zum Ausgangspunkt.
Tour 2: Die Standardroute über die Brandalm
Nachdem ich vor 3 Tagen so optimale Bedingungen vorgefunden hatte, wollte ich am 27.01.2019 noch einmal mit Ingrid das auch von ihr so geliebte Kemetgebirge besuchen, mit den endlos weiten Hügellandschaften oberhalb der Waldgrenze und dem eindrucksvollen Ausblick bis zu den höchsten Gipfeln des Dachsteingebirges.
Nachdem es in den letzten Tagen wieder etwas geschneit hatte und somit Spurarbeit wartete, wählten wir heute die kürzeste Route auf den Hirzberg – die „Standardroute“ über die Brandalm. Auf der Forststraße folgten wir den relativ frischen Spuren eines Raupenfahrzeuges, ab der Alm aber mussten wir spuren, da wir hier auch den einzigen Tourengeher, der uns heute begegnen sollte, überholten. Noch war sein Begleiter – ein Harzer Fuchs – voller Tatendrang, oben beim Gipfel zeigte er dann aber doch bereits leichte Ermüdungserscheinungen.
Erstaunlich, wie sehr sich die Schneeverhältnisse oberhalb der Baumgrenze in den letzten 3 Tagen geändert hatten. Vom lockeren Pulverschnee war nichts mehr zu bemerken. Der teilweise über 10 cm hohe Neuschnee war etwas schwerer und vor allem vom Wind deutlich bearbeitet worden, so dass es bei der Abfahrt dann doch stellenweise recht „schnittig“ zu fahren war. Im Wald aber herrschten gute Verhältnisse und die Forststraße war ohnehin kein Problem.
Der Ausblick beim Gipfelkreuz am Hirzberg wie immer ein Genuß, lediglich der Wind am baumfreien Plateau ließ uns bald wieder entlang der Aufstiegsroute abfahren.
Tour 3: Über das Hochtischl
4 Tage später bildete ich mir ein, wieder auf den Hirzberg zu wollen. Natürlich sollte es auf einer neuen Route sein. Natürlich. Im unteren Bereich folgte ich zuerst dem Stoder-Anstieg Richtung Rotwandschlag. Doch bevor diese Route Richtung Süden aufsteilt, hielt ich mich weiter in Richtung Westen. Zunächst noch ein Stück auf einer Forststraße, später kurz „wild“ durch´s Gelände, ehe ich wieder auf die Forststraße zur Gr. Wiesmahd traf.
2 Abfahrtsspuren in die Notgasse machten mich neugierig. Bis zum „Schluchten-Buch“ folgte ich ihnen. Das Buch war aber nicht zu finden – zu viel Schnee. Auch die Notgasse selbst machte mir ob der schwer über ihr hängenden Schneemassen nicht unbedingt einen einladenden Eindruck. Die 2 Abfahrer schienen die Verhältnisse aber für gut und sicher befunden zu haben.
Ein kurzes Stück ging ich wieder zurück bis zu der alten Schimarkierung, der ich heute folgen wollte. 2005 war ich auf dieser Route bei meiner „4-Eckpunkte-Tour: Hirzberg – Napfenkogel – Kufstein – Stoderzinken“ bereits einmal gegangen, damals hatte ich allerdings noch kein GPS. Es war also an der Zeit, diese Track-Aufzeichnung nachzuholen.
Anfangs ließen sich die Markierungszeichen noch teilweise ausmachen, auch wenn einige der normalerweise hoch auf Baumstämmen angebrachten Schimarkierungen heuer fast gänzlich unter der enormen Schneedecke verschwanden. Irgendwann aber muss ich in dem Labyrinth aus Gräben und kurzen Steilaufschwüngen die richtige Abzweigung übersehen haben. Und so kam ich immer weiter Richtung Westen, bis ich auf das Gebiet meiner Aufstiegsroute von „Tour 1“ traf. Von den Spuren war nichts mehr zu sehen, zu viel hatte es in den letzten Tagen wieder geschneit.
Vom Hochtischl hielt ich mich nun zunächst ostwärts, sah auch bereits frische Spuren auf der Brandalm-Standardroute, wollte dann aber doch noch etwas länger das imponierende Gelände und das traumhafte Wetter auskosten und machte noch einmal einen Bogen Richtung Westen. Erst wenige Meter unterhalb des Gipfelkreuzes traf ich wieder auf die Standardroute, auf der wenig später ein weiterer Tourengeher mit sportlichen Schritten (Mike K.) herauf eilte.
Trotz strahlendem Sonnenschein war es heute eisig am Gipfel. Zum Finger-Einfrieren. Erstaunlich, dass sich trotz der frostigen Temperaturen die Sonne auf südlich ausgerichteten Hängen bereits bemerkbar machen kann (der Schnee ist in der Sonne leicht patzig, sobald die Sonne wieder weg ist, bildet sich schon eine Kruste). Nach einigen Fotos geht es wieder talwärts.
„Wie immer heuer“ über die Brandalm.
Tour 4: Über die Schildenwangalm und Plankenalm
Wenn ich schon einmal dabei bin, über alle möglichen Routen auf den Hirzberg zu spuren (auch wenn das heuer bei den fast schon täglichen Schneefällen vergebliche Liebesmüh ist), dann kann ich gleich noch ein Stück weiter ausschweifen. Aufbruch wie bereits bei den vorangegangenen Touren in der Lend in Gröbming-Winkl und Aufstieg durch die von mächtigen Eiszapfen „überhängte“ Öfenstraße.
An der Rahnstube vorbei und noch vor der Brandalm Richtung Westen in den Wald. Die Notgasse würde sich anbieten, ich traue den über der Schlucht thronenden Schneemassen aber noch nicht und wähle stattdessen den gefahrlosen Anstieg über die Forstraße zur Gr. Wiesmahd. Zum 3. Mal heuer hier. Wieder nur eine einzige eingeschneite Spur (nicht meine).
Heute geht es weiter am Almweg zur Schildenwangalm. Auch wenn es beim Start noch -12°C hatte, sollte man sonnige Wegabschnitte jetzt tunlichst meiden. Lästiges, kraftraubendes Anstollen bis über 10 cm auf der ganzen Schilänge ist die Folge.
Von der Schildenwangalm spure ich jetzt nordwärts zur Plankenalm. Auch hier eindrucksvolle Schneemassen.

Die Hütten der Plankenalm (links) sind unter den Schneemassen kaum auszumachen. Rechts hinten der Hirzberg.
Weiter geht´s Richtung Nordosten, abermals auf einer neuen Linie. Irgendwo zwischen meiner Route von Tour 1 und Tour 3 komme ich heute hinauf zum Gipfelkreuz am Hirzberg. Nur am Gipfel lästiger Wind, ansonsten war es den ganzen Tag über in der Sonne angenehm zum Gehen.
Tour 5: Über Zellerkogel und Wiesalm
2 Tage später war mir schon wieder nach Hirzberg. Aufbruch neuerlich durch die Öfen. Die Jäger, die pünktlich um 09:00 Uhr mit dem Raupenfahrzeug zur Rahnstube fahren, sind mir mittlerweile gut vertraut. Bei den Wegabschnitten mit den hohen Schneewänden lausche ich schon immer, um rechtzeitig in eine der ausgeschaufelten Nischen ausweichen zu können.
Heute möchte ich mich dem Hirzberg von Osten annähern. Deshalb zweige ich bei der Rahnstube nach rechts ab und folge einem ausgetretetenen Pfad über den Wurf und später Richtung Neubergalm. Direkt über diese bereits häufig besuchte Alm möchte ich heute aber nicht aufsteigen. Stattdessen schweife ich noch weiter Richtung Osten und erreiche nördlich der Rotbödenhütte den Zellerkogel.
Anstollen ist auch heute wieder ein äußerst lästiges und mühsames Thema. Die Landschaft und das Wetter sind aber zu schön, um nur auf irgendeiner ausgelatschten Standardroute zu bleiben. Von Schispuren ist in dieser Gegend weit und breit nichts zu sehen. Kurze Abfahrt mit Fellen und neuerlicher Anstieg auf das Lämmereck. Weitere Abfahrt in den Z’sammtreibboden. Auch für diese 150 eher sanften Höhenmeter im Pulverschnee nehme ich die Felle nicht extra ab.
Vom Z’sammtreibboden noch ein Stück und ich erreiche die Wiesalm, wo ich in der Ferne jetzt einen Tourengeher erkenne, der zur Almhütte strebt. Er ist über den Ödensee aufgestiegen und schaufelt gerade den Hüttenzugang aus. Die Temperaturen im Almkessel sind frühlingshaft mild, fast schon „kurzes-Leibchen-tauglich“.
Was natürlich wieder negative Auswirkungen auf die Tourenfelle hat. Ca. ein halbes Dutzend Mal musste ich sie heute abkratzen, damit wieder ein halbwegs vernünftiges Gehen möglich war. Tunlichst versuchte ich, jeden sonnigen Schneeabschnitt zu vermeiden und nahm auch den einen oder anderen Umweg im Schatten in Kauf.
Und so kam ich auch in ein für mich völlig neues, faszinierendes Gelände zwischen Hirzberg und Hochstube. Und geradewegs über den Ostrücken gelangte ich hinauf zum Gipfelkreuz am Hirzberg.
Wenig später kam auf der Brandalm-Standardroute, über die ich später abgefahren bin, ein Schneeschuhgeher herauf. Er entpuppte sich als der Webblogger von Paulis-Tourenbuch.
Tour 6: Vom Ödensee über die Königreichalm
Nächster Tag, nächste Tour. Vom Süden bin ich jetzt oft genug auf den Hirzberg aufgestiegen und habe mich dem Gipfel auch von Westen und Osten genähert. Was heuer noch fehlte war der Anstieg über die Nordseite.
Vom Ödensee geht es zunächst auf gut gespurter Route auf das Hocheck. Ab hier aber wird es einsam. Die Spuren des Tourengehers, den ich gestern bei der Wiesalm getroffen haben, waren wegen der Sonneneinstrahlung kaum mehr auszumachen. Ebenso wenig wie 3 Abfahrtsspuren, von Tourengehern, die laut Hirzberg-Gipfelbucheintrag gestern vom Krippenstein herüber gekommen sind.
Ab dem Hocheck war nur noch eine einzige frische Spur von heute früh erkennbar – der eilige Tourengeher, der mich etwas wortkarg beim Aufstieg bei der „Schwarzen Rast“ überholt hat. Lange bleibe ich aber nicht in seiner Spur, sondern zweige bald Richtung Westen ab, da ich der Königreichalm einen Besuch abstatten möchte. Wieder bin ich in völlig unberührter Landschaft unterwegs. Erst westlich der Alm treffe ich auf einige etwas ältere Spuren, die vermutlich irgendwo vom Speikberg herunterkommen sind und womöglich Richtung Hochunters hinabführen.
Unten bei der Königreichalm erkenne ich jetzt auch einen Skitourengeher, der gerade vom Hirzberg herunter gekommen ist. Vermutlich der „Oberspurer“ (H.B. oder H.P.) von heute morgen. Ich halte mich westlich seiner Abfahrtsroute und folge dem unschwierigen Gelände in etwa unserer Wandertour-Abstiegsroute vom letzten Herbst.

Bei der Königreichalm kommt im Hintergrund links oberhalb der Bildmitte ein Skitourengeher vom Hirzberg herunter
Und dann nähere ich mich dem Hirzberg genau aus Richtung Westen. Beim Gipfelkreuz bin ich heute wieder alleine. Im Gipfelbuch wurde eine halbe Seite herausgerissen. Der gestrige Eintrag von Paulis-Tourenbuch fehlt und bei der Folgeseite ist nur etwas „Kritzel-Kratzel“ eingetragen.
Wegen des langen Rückweges mit einer Gegensteigung bei der wieder angefellt werden muss und den teilweise „bremsenden“ Schneeverhältnissen mache ich mich gleich wieder auf die Abfahrt. Direkt über die Nordseite, damit alle Windrichtungen am Hirzberg begangen sind. Noch rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit treffe ich wieder beim Ausgangspunkt am Ödensee ein.
Statistik
Während auf der Normalroute über die Brandalm „nur“ ca. 1.140 Höhenmeter und 19 Kilometer (hin und retour) zu bewältigen sind, für welche sportliche Geher (zu denen ich mich nicht zähle) gerade einmal 1,5 bis 2 Stunden im Aufstieg veranschlagen, haben sich durch die vielen „Verlängerungen, Auschweifungen und Umwege“ bei meinen 6 Hirzberg-Skitouren zwischen 24.01.2019 und 08.02.2019 insgesamt 8.710 Aufstiegs-Höhenmeter und 147 Kilometer aufsummiert.
Und klammheimlich hat sich der Hirzberg jetzt in meiner persönlichen Gipfelliste mit nunmehr 29 Besteigungen am Kammspitz vorbei auf den 2. Rang geschoben. Unangefochten vor ihm an der Spitze liegt nur noch der Stoderzinken mit 47 Besuchen.
Ob sich in diesem Winter noch eine weitere Besteigung ausgeht, möchte ich nicht vorhersagen (neue Routen würden mir schon wieder einfallen) – allerdings ist aktuell der Durchgang durch die Öfen wieder behördlich gesperrt. War Anfang Jänner die hohe Lawinengefahr Grund für die Sperre, ist es nun die Gefahr, die durch Eis- und Steinschlag droht.

Anfang Jänner (Lawinengefahr) und Ende Februar (Eis- und Steinschlaggefahr) war die Öfen-Straße gesperrt.
Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian
PS: Was mich jetzt noch interessieren würde: Wer hat wohl im Gipfelbuch einen Eintrag vom 07.02.2019 aus dem Gipfelbuch herausgerissen?